Die Musik (nach Stephen Fry)

„Die Musik ist die zugleich vollkommenste wie die niedrigste aller Künste. So steht es jedenfalls irgendwo bei E. M. Forster. (…)  Ich weiß nicht, ob Sie je LSD genommen haben, doch wie uns Aldous Huxley, Jim Morrison und ihre vielen Adepten unablässig versichern, werden unter seinem Einfluss die Pforten der Wahrnehmung weit aufgerissen. LSD enthüllt das Was der Dinge, ihr eigentliches Wesen, ihre Essenz. Urplötzlich enthüllt sich einem das Wassersein des Wassers, das Teppichsein des Teppichs, das Waldsein des Walds, das Gelbsein von Gelb, das Fingernägelsein von Fingernägeln, das Allessein von allem, das Nichtsein von Nichts, das Allessein von Nichts. Für mich eröffnet die Musik einem den Zugang zu jeder dieser Essenzen des Daseins, nur eben zu einem Bruchteil der sozialen und finanziellen Kosten einer Droge und ohne die Notwendigkeit, ständig »Wow!« brüllen zu müssen, was zu den nervtötendsten und abschreckendsten Begleiterscheinungen des LSD-Konsums gehört.

Die anderen Künste haben den gleichen Effekt, nur sind sie viel stärker an die materielle Welt gebunden und in ihr verwurzelt. Skulpturen sind entweder figurative Darstellungen oder besitzen durch ihr Material, das konkret und greifbar ist, eine klar umrissene Physis. Die Wörter eines Gedichts verweisen auf anderes, sind aufgeladen mit Denotationen und Konnotationen, Anspielungen und Bedeutungen, Codierungen und Zeicheninhalten. Farbe ist eine feste Substanz, wie auch der Inhalt der Malerei sich auf einer gerahmten Fläche abspielt. Nur die Musik, ungeachtet der Präzision ihrer Form und der mathematischen Tyrannei ihrer Gesetze, entflieht in eine zeitlose Abstraktion und absurde Erhabenheit, die überall und nirgends zugleich ist. Das Grunzen einer geharzten Darmsaite, das speichelgetränkte Dröhnen eines Blechblasinstruments, das quietschende Gleiten schweißnasser Finger auf einem Gitarrenbund, alle körperliche Anstrengung und Schwerfälligkeit des »Musik-Machens«, das soviel mehr mit Schweiß und Arbeit zu tun hat als die kunstvoll patinierten Pentimenti oder die der Malerei nachempfundene demonstrative Manieriertheit der anderen Schönen Künste, ist im Augenblick des Geschehens vergessen, dem Moment, da Musik entsteht, wenn die Schallwellen vom vibrierenden Instrument oder dem vibrierenden Hi-Fi-Lautsprecher sich zum menschlichen Tympanum und von dort durch den Gehörgang bis ins Gehirn fortpflanzen, wo sie den Geist in ganz unterschiedliche Schwingungen versetzen. Die Musik (nach Stephen Fry) weiterlesen

Ukraine: Ohne Titel

Mir ist keine Überschrift eingefallen. Make love, not War? Glaubt den Medien nicht und mir schon gar nicht? Menetekel, menetekel?

Im Moment befinden wir uns am Rande eines weltweiten Konfliktes, so nah wie seit 25 Jahren nicht mehr und was man hier liest und hört, ist erschreckend einseitig. Hier weiß doch offensichtlich niemand mehr so recht, was er tut und das gilt für alle Akteure, die von Berufs wegen oder weil sie ohnehin involviert sind, in und an der Ukraine rumpfuschen. Da wünscht man sich ja fast Geheimorganisationen à la Illuminaten oder irgendwelche Dienste, die im Hintergrund die Fäden ziehen. Hier regiert aber Unfähigkeit und Banalität oder nennen wir es die emotionale Pest. Zu gewinnen ist hierbei nichts, weder für den Osten, wie für den Westen (schon diese Kategorien sind ja nicht mehr sinnvoll), am wenigsten aber für die betroffenen Menschen.

Heute ist ein sehr erhellender Artikel in der taz, der die Verantwortlichen und die Risiken sehr klar benennt. Wer alles nur auf die imperialen Sehnsüchte des kleinen Mannes Putin schiebt, macht es sich zu einfach.

Hier geht es zum Artikel.

Und dass wieder von „den Russen“ gesprochen wird wie zu Zeiten des kalten Krieges, ist auch nicht auszuhalten. Hier ein Video, das ich bekommen habe (vielen Dank an Stefan). Seht euch selber die Russen an und freut euch:

Schale, nicht Kanal

„Wenn du vernünftig bist, erweise dich als Schale, nicht als Kanal,
der fast gleichzeitig empfängt und weitergibt,
während jene wartet, bis sie gefüllt ist.
Auf diese Weise gibt sie das, was bei ihr überfließt,
ohne eigenen Schaden weiter, denn sie weiß,
dass der verflucht ist, der seinen Teil verringert…

Diejenigen, durch die uns die himmlischen Ströme zufließen,
haben eine so große Liebe, dass sie lieber ausgießen wollen als dass ihnen eingegossen wird,
dass sie lieber sprechen als hören,
dass sie bereit sind zu lehren, was sie nicht gelernt haben
und sich als Vorsteher über die anderen aufspielen,
während sie sich selbst nicht regieren können…
Lerne auch du, nur aus der Fülle auszugießen,
und habe nicht den Wunsch, freigebiger als Gott zu sein.
Die Schale ahmt die Quelle nach. Erst wenn sie mit Wasser gesättigt ist, strömt sie zum Fluss, wird sie zur See. Die Schale schämt sich nicht, nicht überströmender zu sein als die Quelle…
Du tue das Gleiche!
Zuerst anfüllen und dann ausgießen.
Die gütige und kluge Liebe ist gewohnt überzuströmen,
nicht auszuströmen…
Ich möchte nicht reich werden, wenn du dabei leer wirst.
Wenn du nämlich mit dir selber schlecht umgehst,
wem bist du dann gut?
Wenn du kannst, hilf mir aus deiner Fülle;
wenn nicht, schone dich.“

Bernhard von Clairvaux (1090 – 1153)

Generation Ökotest

Unsere Gesellschaft, leidet, so scheint es mir,  unter einem stetig wachsenden Hang zur Pathologisierung, d.h. daran, alles mögliche als krankhaft zu empfinden und so zu bezeichnen. Unsere Umwelt macht uns krank, unsere Ernährung macht uns krank, unsere Arbeit macht uns krank, viele Verhaltensweisen machen uns krank, unsere Familien machen uns krank und unsere Beziehungen sowieso. Die allermeisten von uns entscheiden sich nicht bewusst, das so zu empfinden und die Symptome haben wir auch tatsächlich, doch gibt es ein ähnlich gelagertes Interesse an dem, was gesund in uns ist?  Krankheit hatte schon immer einen schlechten Leumund, aber jetzt möchte man noch weniger mit ihr zu tun haben.

Während die Umweltverschmutzung zurück gegangen ist, wir uns immer gesünder ernähren, weniger arbeiten, die Krankenhäuser freundlicher werden, Kinder besser versorgt werden, hat sich die subjektive Wahrnehmung der eigenen Gesundheit dramatisch verschlechtert. Laktose, Gluten, Pollen, Stress, Burn-out, Antibiotika, Elektrosmog etc. – wir sind empfindlich, unverträglich, allergisch. Wer regelmässig Ökotest liest, muss sich wundern, noch am Leben zu sein.
Das Leben hat offensichtlich einen sehr sehr langen Beipackzettel.
Die Mediziner wundern sich übrigens, denn bei den meisten Betroffenen finden sich gar keine physiologischen Ursachen. Wer tausendmal im Supermarkt glutenfrei auf der Verpackung gelesen hat, wird das nächste Symptom vielleicht dem Genuss von Nudeln zuschreiben. Ein Versuch eines Wissenschaftlers belegt den sogenannten Nocebo-Effekt (= die Erwartung einer Schädigung kann zu Symptomen führen). Durchgeführt wurde die Untersuchung mit der Angst vor Gesundheitsgefahren vor elektromagnetischen Feldern (hier der Bericht). Ein Teil der Versuchsteilnehmer bekam einen Dokumentarfilm des Senders BBC One zu sehen, in dem über die Gesundheitsgefahren von Mobilfunk- und WLAN-Signalen berichtet wurde. Der andere Teil schaute einen Bericht von BBC News über die Sicherheit von Internet- und Handy-Daten an. Anschließend wurden alle Probanden einem WLAN-Scheinsignal ausgesetzt, von dem sie aber annehmen konnten, dass es echt sei. Obwohl überhaupt keine Strahlung vorhanden war,  berichteten 54 Prozent der Testpersonen über Beunruhigung und Beklemmung, Beeinträchtigung ihrer Konzentration oder Kribbeln in den Fingern, Armen, Beinen und Füßen. Zwei Teilnehmer haben den Test vorzeitig beendet, weil ihre Symptome so stark waren, dass sie sich nicht länger der vermeintlichen WLAN-Strahlung aussetzen wollten.

Da wundern sich ja nur Schulmediziner. Dass die Psyche den Körper so beeinflusst, wie umgekehrt, ist ja hinlänglich bewiesen.

Könnte es also sein, dass Krankheit auch einen Sinn machen darf, der ihr heute abgesprochen wird? Und könnte es sein, dass trotz der in den letzten Jahrzehnten sich verbesserten messbaren Gesundheitsparameter etwas anderes auf der Strecke geblieben ist?
Die Resilienzforschung, also die Untersuchung der Faktoren, die die seelische Widerstandsfähigkeit stärken (die Fähigkeit, selbst in schwierigen Lebenskrisen und nach schweren Schicksalsschlägen wieder auf die Beine zu kommen) hat dazu schon einige Vermutungen geliefert, z.B. die Bedeutung einer frühen und stabilen Bindung (hier eine Präsentation).

Oder es hat einfach auch was mit dem Mangel an Liebe zu tun – für uns selbst und für andere.

 

Zwiebel oder Knoblauch?

Da bin ich wieder! Erste Anpassungen an die Selbstständigkeit als Körpertherapeut sind vorgenommen, ich hab letztes Wochenende mit der hypnosystemischen Fortbildung begonnen und in zwei Wochen beginnt die Ausbildung zum Heilpraktiker für Psychotherapie. Jetzt sollte genügend Stoff und Zeit für den blog da sein. Warten wir´s ab…
Eine Sache muss ich gleich zum besten geben: der amerikanische Psychologe Nicholas Cummings hat sich eine Systematik für seine Klienten ausgedacht. In der Extremform gäbe es Zwiebeln oder Knoblauch. Zwiebel-Patienten leiden selber, Knoblauch-Patienten lassen andere leiden. Weil: wer Zwiebeln schneidet und (roh) isst, leidet, wer Knoblauch isst, bei dem leiden (später) die anderen.
Zwiebel-Patienten machen sich um alles Sorgen, sind immer selber schuld und wühlen in ihrem Innern herum. Angstbesetzt sind sie oft passiv in Beziehungen und sorgen nie für die eigenen Bedürfnisse.
Knoblauch-Patienten sehen nur ihre eigenen Bedürfnisse, machen andere für die eignen Fehler verantwortlich, sind aggressiv und rücksichtslos beim Erreichen ihrer Ziele und in Beziehungen selbstbezogen.
Die Zwiebeln tauchen selber in Psychotherapiepraxen auf, der Knoblauch wird von anderen geschickt.
Glücklicherweise sind wir alle Mischungen aus Zwiebel und Knoblauch. Wenn diese Unterscheidung auch sehr simpel ist, sie zeigt doch wieder, wie sinnvoll es sein kann, herauszufinden, aus welchen Zutaten der eigene Eintopf gekocht wurde.

Ich bin gerne kitschig

Irgendwann hat mich mal jemand Schnulzenkönig genannt. Ich war (nicht nur, aber auch) geschmeichelt. Und dies betreffend, werde ich mit dem Alter nicht müde, das auch noch nach außen zu geben. Obwohl es bisweilen die Grenze zur Peinlichkeit mehr als nur streift. Auch für dieses Lied darf ich wieder für den Tipp nach Hamburg danken.

Auf zu neuen Ufern

flyer_workshop_v1.8_Ausschnitt_Seite_1Nach sechs Jahren werde ich Ende Februar das Unternehmen verlassen, das mir mal am Herz, aber in den letzten Jahren eher wie ein Mühlstein um den Hals hing. Was ich dann mache, ist noch nicht klar, es tun sich aber einige Wege auf, die zu beschreiten sich bestimmt lohnen würde. Einen habe ich ja schon beschritten und da geht es jetzt weiter:
mit einer 14-tägigen offenenen Abendgruppe Körperarbeit und einem Workshop am 14. – 16.03. mit Maren Simoneit, Dieter Schulte und mir. Thema wird Dualität sein, MannFrau, NordSüd, IchDieAndern, etc. Das wird aufregend!

Hier die Flyer zum Download:
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flyer_workshop_v1.8_screen
Und gerne weitersagen!