Geboren, um aneinander teilzunehmen 1

Ich sehe gerade eine DVD eines Vortrages von Peter A. Levine (Begründer des Somatic Experiencing) und Dr. Susan Hart, einer dänischen Kinderpsychotherapeutin. Nach 30 Minuten schon soviel input gehabt, dass ich Pause machen musste. Die DVD hat nun allerdings 10 Stunden.Aber die Landkarte, an der ich arbeite, ist ohnehin für lange Zeit und wahrscheinlich aus Prinzip under construction.Hier hörte ich abermals von den angeblich „grausamen“ Affenexperimenten des Harry Harlow, der unter anderem Rhesusaffen-Babys dazu benutzte, um an ihnen die Grundlagen der Mutter-Kind-Bindung zu erforschen. In Experimenten zeigt Harlow junge Rhesus-Äffchen, die ohne ihre Mutter in einen Käfig gesetzt werden, in dem sie die Wahl zwischen zwei Attrappen haben: einer aus Draht nachgebildeten, Milch-spendenden „Ersatzmutter“ und einer gleich großen, mit Stoff bespannten „Ersatzmutter“, die aber keine Milch spendet. Die Äffchen hielten sich bei der Milchspenderin stets nur zur Nahrungsaufnahme auf, kuschelten sich aber ansonsten auf die stoffbespannte Attrappe. Harlow schuf damit Belege für z.B. die Bindungstheorie von  Bowlby und Ainsworth, die in den 50ern die klassisch psychoanalytische und die lerntheoretische These, dass die Beziehung zwischen einer Mutter und ihrem Kind hauptsächlich durch das Füttern bestimmt ist, widerlegten. Man muss sich ja fast kneifen vor Erstaunen, dass diese Thesen jemals Bestand hatten. Und dass es grausamer scheint, Affen ihre Mutter zu entziehen als in Systemen zu leben und diese zu fördern, wo dies ganz selbstverständlich mit Menschenkindern geschieht. Wir Deutschen haben auch durch Johanna Haarer das ja fast alle am eigenen Leib erleben können.

Ainsworth entwickelte übrigens einen Test, den Strange Situation Test, der das Bindungsverhalten von 12 bis 18 Monate alten Kindern abbildet.

Hier ein Video des Versuchsablaufs:

Ein weiterer interessanter Forscher namens Daniel Stern Theorie ging davon aus, dass es ein Selbst gab, das noch lange vor einem Selbstbewusstsein und vor der Sprache existierte. Dieses Selbst sei gekennzeichnet von einem Gefühl des Ganzseins: we are all born to participate in each other’s nervous system.

Babys synchronisieren sich mit dem Rhythmus der Mutter/ dem Betreuenden und dies ist wichtiger als Nahrung, weil es die wachsende Fähigkeit des Babys zur Selbstorganisation formt. Es dient also dem Überleben der Psyche. Kann die/der Erwachsene nicht unterstützen, sich nicht synchronisieren, dann hat das Kind echte Probleme und zwar für sein ganzes Leben. Die Forschung geht davon aus, dass die Bindungsmuster sich sehr früh bilden und mit 12-18 Monaten bereits fest etabliert sind. Die Bindungstheorie ist heute in der psychologischen Lehre fest etabliert, in der klinischen Praxis findet sie kaum statt. Da stehen körperorientierte Methoden wie Skan und Somatic Experiencing noch relativ alleine. Vor ein paar Tagen erzählte mir die Nachbarin, dass sie mit ihrem Säugling zum Prager-Eltern-Kind-Programm geht und es ihr eigentlich selber seltsam vorkommt, dass wir in unserer Lebensweise das nötig haben. Im Gegensatz zu den Kindern in diesem wunderbaren Video ist das seltsam,

aber im Vergleich zur Kindererziehung der 30-60er Jahre ist das doch ein Fortschritt!

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